the past of

BLACKBOXMASSACRE / Deich

 

Medium: CD

Spielzeit: 49:56

Label      : Eigenproduktion, 2008

Stil          : Psychedelic


Review vom 16.09.2008 von Uli Heiser / Rocktimes.de

 

Es scheinen seltsame Zeitgenossen zu sein, die Niedersachsen. Kollege Jürgen z.B. ist ja auch aus diesem Bundesland. Nun flattert mir der Silberling einer Band auf den Tisch, deren Line-up eine alte Pappel enthält! Des Weiteren angelt einer Äther und ein anderer trommelt auf Feuertonnen.
Unüblich auch das fett bebilderte und qualitativ hochwertige Booklet - hier steckt nämlich kein Label dahinter, sondern reine Eigenregie. Der Bandname Black Box Massacre erinnert mich an meine Lehrzeit. Neben den wissenschaftlichen Erklärungen zum Einsatz dieser Kiste, war es auch bei uns üblich die Lehrlinge damit zu quälen. Einer wusste, was drinnen verschaltet war und wir mussten am Oszilloskop erkennen wie die Spulen, Widerstände und Kondensatoren gerade geschaltet sind. Grob gesagt ist unbekannt was im Inneren ist und dann schaut man mal, was herauskommt. Dies ist auch Programm der beiden 'Köpfe' Steffen und Valentin, die seit nunmehr 15 Jahren mit verschiedenen Musikern Projekte am Laufen haben.

 

Im Jahre 2003 entstand Spaceship Landing, was drei Jahre Bestand hatte. In dieser Zeit wuchs auch die Freundschaft zu Coogans Bluff. Deren Rhythmiker Charlie und Clemens wurden, neben Spaceship Landing-Gründungsmitglied Christoph, in die Black Box geholt, um für das Massaker gerüstet zu sein. Mitte 2007 startete man die Aufnahmen im Freien und zwar am »Schlüterdeich zu Berne«, was zum einen den Albumnamen erklärt und sicher auch das mit der Pappel. Pappeln am Deich? Niedersachsen wahrscheinlich ☺

 

In den vier Tracks mit den Redakteur-kompatiblen Spielzeiten geht es herrlich unorthodox zur Sache. Verträumte psychedelische Sequenzen prallen auf eruptive Soundwände. Getragene Cello-Stimmungen auf forcierte Bass- und Gitarrenlines. »Minimalist« gibt Black Box Massacre unter anderem als Stil an. Wie ein klares Felswasser, oder ein einfacher, ehrlicher Winzerwein muss man das sehen. Einfach repetitiv die Saiten durchschlagen, die Hand mal für ne längere Zeit bewegungslos auf den Keys liegen lassen, bisschen verzerrt die Vocals einschleusen. Dann Spannung aufbauen, indem sich der Sechssaiter mit sphärischem Wah Wah einbringt und Lust auf Pink Floyd macht.

 

Rhythmisch auf den Punkt zwischen Kopf und Bauch zentriert, jammt die Truppe durch die Minuten und fährt mit dem Hörer quasi Achterbahn. Der Ritt durch die Black Box ist nicht immer harmonisch, denn ab und an schrammt es an der imaginären Tunnelwand entlang, die Funken stieben und man meint die Bahn zu verlassen, aber stets wird man auf die sicheren Schienen zurückgeholt. Ja, nach mehrmaligem Hören wird die Fahrt immer ruhiger und entspannter.

 

Ein harter, treibender Bass und powervolles Drumming neben dezenten Cellostreichlern verlassen ein ums andere Mal die psychedelische Schiene bzw. packen eine gehörige Portion Stoner hinzu. Der Weg zurück wird meistens durch die Gitarre ausgeschildert, die das gesamte Spektrum von hart bis spacig locker beherrscht. Allerlei elektronische Geräusche kommen aus der Black Box und geben gerade dem Monstertrack "Eric's Mom Part 2" eine Schippe Spannung, Space und Nonkonformität mit auf den Weg. Per minutenlanger Stille wird man 'in Sicherheit' gewiegt, bis Black Box Massacre wieder zum Leben erwachen und im Hidden Track unbändig nach vorne grooven.

 

Black Box Massacre machen ihrem Namen alle Ehre. Musikalisch und auch sonst, denn die Pappel und das Ätherangeln bleiben für mich Geheimnisse der Box. Den Inhalt der Box kennt - wie früher - nur der Meister. Von dem allerdings kann man ab und an auch etwas erfahren und so ist das Ätherangeln gleichzusetzen mit den Geräuschen, die nicht von den normalen Instrumenten kommen.

 

Line-up:
Steffen Peter Schneider (Gitarre)
Valentin J.K.H. Skrzypczak (Ätherangeln)
Christoph Kuil (Cello, Orgel)
Clemens Marasus (Bass)
Charlie Paschen (Schlagzeug)
Alte Pappel (Schön Hall)

Und:
Mario Heinl (Orgel - Hiden Track)
Henner Henzler (Feuertonnentrommel - Hidden Track)

Video by Vally Fiddler (@vallyfiddler4980, YouTube)


SPACESHIP LANDING

Medium: CD

Spielzeit: 79:17

Label: Eigenproduktion, 2005, REMASTERED 2012


Review vom 21.07.2012, metal.de

  

Hossa, bei diesem Bandnamen dürfte wohl jeder basisorientierte Stoner-Rocker ziemlich steil gehen, ist er doch einem der besten Genre-Longtracks ever entliehen. Natürlich ist hier von KYUSS die Rede, dessen Abschluss-Track von „…And The Circus Leaves Town“ rangezogen wurde und SPACESHIP LANDING den Namen geben durfte.

Musikalisch wühlen die Deutschen schön im Stoner Rock herum, schielen jedoch auch gerne mal Richtung Psychedelic oder von mir aus auch Space Rock rüber. Die elf Stücke sind verspielt, trippy, verraucht, aber auch abwechslungsreich und manchmal sogar geil ausufernd rockig. Auffällig ist, dass SPACESHIP LANDING sehr zurückhaltend mit Gesang umgehen und diesen soundtechnisch lieber in zweiter Reihe erscheinen lassen. Daran tun die Jungs auch gut, denn ihr selbstbetiteltes Album lebt ganz klar von der Musik. Vermutlich fehlt ihnen noch ein Sänger, der mit pasender und natürlich gekonnter Stimme die geile Mucke unterstreicht und bereichert. Zudem haben sie mit „Guitaresoundmachine“, „Still Hangin“ (für die Kenner: Achtet mal aufs Saxophon. Wer erkennt es?), „Lowland Depressions“ und „Erics Mom“ ein paar Longtracks am Start, welche allesamt die Zehnminutenmarke überschreiten. Letzteres geht sogar über 17 Minuten. Ausgiebige Kiffermucke deluxe. Schön ausufernd arrangiert und geht geil ins Bein.

Der Sound ist fantastisch authentisch ausgesteuert und gibt den leicht auf alt getrimmten Rock sehr gut wieder. Alles klingt echt, nach Qualm und viel Spaß. Diese Band hätte seinerzeit auf dem legendären Woodstock die Massen in den Rauschwahnsinn gespielt. Ich persönlich finde, dass es heutzutage selten noch sogenannte Stoner-Rock-Bands gibt, die richtig eigen und eben nicht mit jedem zweiten Riff nach KYUSS klingen. SPACESHIP LANDING gelingt dieses Lostreten und sie sind definitiv kein Plagiat genannter U.S.-Steinhelden. Klar, es gibt genügend andere Stoner-Truppen, die sich aber dann wiederum so weit vom Stil entfernen (Beispiel: FU MANCHU), dass sie kaum noch dazu zu zählen sind. Wie dem auch sei: SPACESHIP LANDING sind ein tolles Beispiel dafür, dass der Stil noch lange nicht tot ist und in Kombination mit Psychedelic (die Grenzen sind ja eh nicht so eng gestrickt) und etwas 70s Vibes durchaus etwas starkes geschaffen werden kann. Ein richtig gutes Album haben die Jungs hier am Start!

Video by Vally Fiddler (@vallyfiddler4980, YouTube)


Video by Vally Fiddler (@vallyfiddler4980, YouTube)


Video by GillesKanto (@GillesKanto, YouTube), 2006 live im Alhambra, Oldenburg.


Video by 'Finn Länd' (@Finn246, YouTube), 2011